Die Schule zwischen den Bäumen

Mächtige Bäume, grosszügig durchgrünte Freiräume, niedrige Bebauungsstruktur, langgezogene Baukörper: Der Gartenstadt-Charakter des Wohnquartiers Moos-Entlisberg in Zürich Wollishofen setzt sich in der parkartigen Schulanlage fort. Die Nachkriegsarchitektur des Schulhauses zelebriert einen sanften, aber selbstbewussten Gesinnungswandel der Schulpädagogik, die damals neu das Bedürfnis des Kindes und die Naturnähe ins Zentrum setzte.

Stärkung von Quartier- und Areal-ID

Die Volumetrie des Neubaus versteht sich als Erweiterung des dreigeteilten Cluster-Trakts. Der Neubau setzt den Schulgarten ins Zentrum, rahmt ihn und schafft einen geborgenen und zugleich lebendigen Zwischenraum. Typologisch wird der Schulcluster-Bereich als ein ‘alt und neu’ übergreifender, eigenständiger Trakt lesbar, der hierarchisch nicht mit der gekreuzten Volumenstellung der Bestandsanlage konkurriert. Nach aussen vermittelt die niedrige, aber gestufte Gebäudesilhouette mit der Zeilenstruktur des Quartiers. Das freiwillige Zurückweichen von der Baulinie ermöglicht einen  rahmenden Baumgürtel der das Areal umfasst. Der historische Schülergarten erhält seine ursprüngliche Ausdehnung und Dreiteiligkeit zurück. Dazwischen aufgespannte Aufenthaltsorte ergänzen den Schulgarten und hauchen ihm neues Leben ein.

Naturnah und kindergerecht

Die winkelförmige, gekreuzte Volumenstellung des Altbaus schafft eine Art Koordinatensystem, dessen Achsen das Areal in Quadranten einteilt. Die drei zweigeschossigen Schul-Cluster mit ihren dezentralen Eingangshallen und Treppenhäusern funktionieren autonom und werden von den Schülerinnen und Schülern oft direkt vom Pausenhof her betreten. Dieses typologisch zeitgemässe Schulmodell setzt auf übersichtliche Kleinteiligkeit und gibt dem grosszügigen Pausenplatz eine erhöhte Bedeutung: Auch dort lässt sich zwischen Bäumen und Sträuchern Schulunterricht geben, auch in der Pause kann man etwas Wichtiges fürs Leben lernen.

Architektur unter dem Blätterdach

Die Architektursprache und die Materialisierung des Holzbaus, sucht eine pavillonartige Annäherung an den Bestand. Eine leichte, feingliedrige Architektur kontrastiert mit den mächtigen Bäumen und dessen Blätterwerk. Die nach aussen sichtbar gemachte Holzstruktur ist zwar in strengem Raster aufgebaut, spielt aber mit einem dreigeteilten Dreierrhythmus, der wiederum dreigeteilt wird. Die drei Hierarchieebenen dieses Teilungsprinzips werden konstruktiv differenziert ausgebildet, um keine monotone Repetition zu erzeugen. In Farbe und Material werden punktuell Bezüge zum Altbau gemacht, die diesem seine Reverenz erweisen.

Differenzierte Adressierung

Die als Laubengangschicht akzentuierte Südseite orientiert den Neubau hin zum Schulgarten und zum Bestandsbau. Sämtliche obergeschossigen Räume – die Klassenzimmer und die Sondernutzungen in den Dachaufbauten – sind von dieser Hofseite erschlossen und der Dreiteilung der Clustereinheiten folgend mit drei vertikalen Treppensystemen verbunden. Im Erdgeschoss entsteht eine Durchwegung quer durch das Gebäude, während gedeckte Wege die Erdgeschossnutzungen mit den obergeschossigen Klassenzimmern verbinden. Die Gartenlaube wird gestalterisch ins Wegnetz der Gesamtanlage integriert, so dass sich logische Anbindungen zum Quartier und arealinterne Verbindungen zum grossen Pausenplatz und zur alten Schule ergeben.

Freiräume: rekonstruiert und weitergestrickt

Der Vorschlag stärkt die angedachte Konzeption des historischen Schülergartens und dessen Bedeutung. Ganz im Sinne der Ursprungsidee können die Beete flexibel genutzt werden und stehen je nach Bedürfnis mit Gemüse- und Obst bepflanzt als Lerngarten oder als strukturreiche, ökologisch wertvolle Bepflanzung der Natur zur Verfügung. Neu spannen sich zwischen den Beeten zwei Aufenthaltsorte auf, welche als Aussenklassenzimmer genutzt werden können.

Gartenschule mit dezentralen Zugängen

Mit dezentralisierten Treppenzugängen zu den Klassenzimmern wird der Aussenraum Teil des Erschliessungssystems und die unmittelbare Nachbarschaft von Schulgarten und alter Schule zum alltäglich erlebbaren Bezugsraum. Für die erdgeschossigen Bereiche Mensa, Teambereich und Kindergarten, sowie die Turnhalle im Untergeschoss gibt es drei nordseitige Eingänge. Diese drei Zugänge ermöglichen den entsprechenden Nutzungen eine gewisse Unabhängigkeit vom Schulbetrieb, Die Zugänglichkeit ist aber auch über die intimere Südseite via Laube gegeben.

Projektinformation

Auftrag:

Amt für Hochbauten der Stadt Zürich

Offener Projektwettbewerb 2022, 3. Preis

Mitarbeit 10:8 Architekten:

Miquel Ramon Ribas, Fabian Wili, Charlotte Hessbrügge

Georg Rinderknecht, Katrin Schubiger, Jürg Senn

Projektpartner:

Hager Partner Landschaftsarchitektur
Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure

EBP Ernst Basler Partner