Die Hallen Oerlikons
Grossmassstäbliche Bauten haben in Oerlikon eine lange Tradition. Neben industriellen Produktionshallen fanden hier am Stadtrand auch grosse Bauten wie die offene Rennbahn (1912), das Hallenstadion (1939), die VBZ-Busgarage (1958) oder die Hallen der Messe Zürich den notwendigen Platz. Darunter sind einige wahre Pionierbauten mit neuen öffentlichen Nutzungen. Sie lassen sich durchaus mit dem Hauptbahnhof und den Hochschulen eine Epoche zuvor vergleichen. In beiden Fällen ist das Stadtgefüge um die Grossbauten herum gewachsen und machte diese zu Identitätsträgern eines heterogen belebten Quartierbildes.
Klare Zäsuren - rückwärtiger Garten
Als lang gestreckter, kompakter Baukörper fügt sich das Schulhaus zwischen das geplante Hochhaus im Süden und den zukünftigen Quartierpark ein. Diese Volumensetzung hilft, den südlichen Zwischenraum zum Hochhaus zu verringern und die räumliche Lücke nördlich der Schule zu akzentuieren. So werden der öffentliche Parkzugang und die Hierarchisierung der Aussenräume entlang der Thurgauerstrasse klarer lesbar.
Das Schulhaus übernimmt volumetrisch die angedeutete Sockelthematik des Gestaltungsplans, die eine rhythmisch sich abwechselnde Abfolge von Flachbauten und Hochhäusern vorsieht. Es entsteht ein grossmassstäbliches, aber dennoch kinderfreundliches Gebäude mit direkten Wegen in den rückwärtigen Pausengarten.
Topografie und Nachbarschaft
Durch den Terrainverlauf erscheint das Gebäude auf der Westseite einige Meter tiefer. Zudem springt das Pausengeschoss gegenüber den kleinteiligen Volumen entlang der Grubenackerstrasse um drei Meter zurück und schafft zusammen mit den Bäumen und dem terrassierten Terrain einen Gartenraum von quartierverträglicher Massstäblichkeit. Die drei freistehenden Pausentreppen gliedern den Schulgarten in Längsrichtung. Das gefaltete Shed-Dach der Schule rhythmisiert den langgestreckten Bau und gibt den Punkt-Wohnhäusern mit den Giebeldächern ein adäquates Vis-à-vis.
Alles unter einem Dach
Der Gebäudevolumetrie liegt neben städtebaulichen Anliegen auch die Absicht zugrunde, die Klassenzimmer auf einer Ebene anzuordnen und eine flexible Clusterbildung zu ermöglichen. Das verschafft dem Schul- und Lehrbetrieb im Alltag Flexibilität und erzielt eine klassenübergreifende Identifikation. Die zeltartig überspannende Dachform der „Schulhalle“ unterstreicht diesen Zusammenhalt räumlich und bringt Licht von oben in die Schullandschaft. Neben der zentralen internen Erschliessung sind die Schul-Cluster über eine aussenliegende Pausentreppe direkt mit dem Aussenraum verbunden. Der Pausengarten wird so zum erweiterten Schulbereich und zur zweiten, intimeren Eingangsseite.
Viel Öffentlichkeit im Gebäudesockel
Eine klare Aufteilung der öffentlichen und schulischen Nutzungen über die Vertikale ermöglicht eine hohe Flexibilität mit einfacher Zugangsregelung. Im Erdgeschoss an der Thurgauerstrasse befindet sich der Haupteingang. Er führt direkt zur vertikalen Eingangshalle und zur Turnhalle. Sämtliche öffentlichen Schulnutzungen schmiegen sich im abgetreppten Querschnitt des Hauses an die natürliche Topografie und werden durch die zentrale Treppenanlage mit Lift erschlossen.
Im Hochparterre – ebenerdig zum Quartierpark – befinden sich der Mehrzweckraum und die Mensa mit Küche, im Gartengeschoss die Turnhallentribüne und der Kindergarten, und im Obergeschoss schliesslich die Bibliothek sowie die Lehrer-, Werk-, Handarbeit- und Musikzimmer. Im Obergeschoss sind die Zugangstreppen mit den einzelnen Cluster kurzgeschaltet und bieten wiederum die Möglichkeit, direkt in den Pausengarten zu gelangen.
Spiel mit Rhythmus und Tiefe
Der Ausdruck des Gebäudes ist durch die grossen Flachbauten im Quartier inspiriert: grossmassstäbliche, strukturelle Raumgerüste mit gemauerter oder gläserner Füllung. Im Gegensatz zu vielen Industrie- oder Infrastrukturbauten verfügt ein Schulhaus jedoch über weit mehr unterschiedliche Raumtypen und -grössen. Von der grossen Dreifach-Turnhalle bis zum kleinen Besprechungsraum findet die Fassade durch Ausdifferenzierung der tektonischen Merkmale einen lokalen, nutzungsgerechten Umgang, ohne das übergeordnete Thema des Skelettbaus preiszugeben.
Projektinformation
Auftrag:
Amt für Hochbauten der Stadt Zürich
Offener Projektwettbewerb, 2017
2. Preis
Mitarbeit 10:8 Architekten:
Fabian Willi, Laura Bagdonaitè
Georg Rinderknecht, Katrin Schubiger, Jürg Senn
Projektpartner:
SQUADRAT Architekten GmbH
Dr. Lüchinger+Meyer Bauingenieure AG
Kuhn Landschaftsarchitekten GmbH